Wir trauern um Erhard Busek

Präsident des Österreichischen Volksliedwerks 1999-2003

Erhard Busek kam als geborener Wiener (5. März 1941) durch seine Arbeit in der Wiener Kommunalpolitik über die Grätzel Kultur zur Wiener Musik. Hier setzte er sich für eine lebendige und dialogorientierte Nachbarschaftskultur ein, in der Wiener Musik stets ein wesentlicher Bestandteil ist. Über das Wienerlied, den Weana Tanz und das Dudeln kam er somit mit dem Volksliedwerk in Berührung. Dieses beschäftigte ihn in Folge immer wieder auch in seiner Funktion als Wissenschaftsminister.

Unter seiner Amtsperiode als Minister wurde erstmals 1992 die Sommerakademie des Österreichischen Volksliedwerks eingeführt. Diese Veranstaltungen dient bis heute der Begegnung von Praxis, Vermittlung und den Wissenschaften, die sich mit der Bedeutung dieses für Österreich wichtigen kulturellen Erbes befassen. Als er 1999, nach Ende seiner Amtszeit im Ministerium, die Präsidentschaft im Volksliedwerk übernahm, erfolgte unter seiner Führung eine interdisziplinäre und interkulturelle Ausrichtung des Volksliedwerks. Ihm lag daran, über Volkskultur und ihr Umfeld vernünftig und frei zu informieren und zu diskutieren. Studierende und Personen aus Wissenschaft und Musikpraxis aus dem ehemaligen Osten brachten einen Blick weit über den Tellerrand in die Arbeit des österreichischen Volksliedwerks ein.

1999 zog das Österreichische Volksliedwerk mit Hilfe von Erhard Busek an seinen heutigen prominenten Standort in der Operngasse, gleich neben der Staatsoper. Ein Zeichen, dass Hoch- und Volkskultur sich gegenseitig bedingen und eine gleichwertige Stellung in einer vielseitigen Kulturlandschaft einnehmen. Die Adresse ist Ort von Veranstaltungen und des Austauschs und Treffpunkt an der Sache interessierter Menschen geworden. Es erfolgte die 10-teilige CD Produktion Musik der Regionen. Dabei wurden in zehn ausgewählten Regionen in ganz Österreich singende und musizierende Menschen in ihrer gewohnten Umgebung und ihrem musikalischen Umfeld aufgenommen. Heute, über 20 Jahre später, sind es unschätzbare Quellen kulturellen Erbes. Unter seiner Amtszeit erfolgte der Startschuss des Schulprojekts „Mit allen Sinnen“, das bis heute zu den wesentlichen Säulen der Vermittlungsarbeit in den Volksliedwerken zählt.

„Denn wer um die Unverwechselbarkeit, Einzigartigkeit, Besonderheit der eigenen Heimat weiß, wird nicht nur mehr für sie sorgen, er wird auch die Heimat, die Besonderheiten der anderen Traditionen mehr achten und nicht neurotisch auf Fremdes reagieren, sondern neugieriger und höflicher. Er hat einen Sinn für die Klänge der Heimat anderer Menschen, denn sie, die eigentlichen Heimatlosen der Gegenwart, müssen mitgedacht werden, wenn das Wort Heimat verwendet wird. Im Mittelpunkt des Heimatbegriffs steht daher der Diskurs, der als buntes Mosaik bestehend aus Traditionen, aus Bindung, aus Emanzipation, aus gegenwärtigen Aneignungen und Auseinandersetzungen Antwort gibt auf die Frage, wer bin ich und wohin gehöre ich?“ (Zitat Erhard Busek in Chronik der Volkskunde in: Hg. Verein für Volkskunde, Österr. Zeitschrift für Volkskunde [1994, Heft 2], S 151.)

Viele seiner Initiativen und Projekte sind bis heute wesentlicher Bestandteil in den Aufgaben des Verbunds der Österreichischen Volksliedwerks. Es zeigt, dass Erhard Busek seinen Blickwinkel stets pointiert, aber weltoffen in die Zukunft richtete und dennoch Aktionen setzte, die bis heute den Nerv der Zeit treffen. Bis zu seinem letzten Tag am 13. März 2022 hat er mit Worten zum aktuellen Zeitgeschehen nicht gespart.

Quelle: Maria Walcher, Generalsekreterärin des Österreichischen Volksliedwerks (1989-2003)

mehr Infos zur Person: https://orf.at/stories/3253246/

Pressefoto

Foto: ehemaliger Präsident Erhard Busek bei der Sommerakademie 2000 in Kittsee, Foto Archiv des Österreichischen Volksliedwerks, Ferdinand Altmann