Volkskultur als Dialog: Migration, Ein- und Ausschlüsse, Vermittlungen
28. – 31. August 2013, Hotel Magerl Gmunden
Volkskultur besitzt auf Grund ihrer klaren, einfachen Strukturen ein hohes Potential für interkulturelle Vermittlung und Verständigung. Grundmuster und Grundelemente sind in allen Kulturen in ähnlichen Formen vorhanden und lassen sich leicht gegenseitig erlernen. Es finden sich parallele Inhalte und Funktionen, die meist vertraut sind.
Musikalische, gestalterische oder kulinarische Merkmale der Migranten wie der Einheimischen werden als Zeichen genutzt. Im gemeinsamen Austausch bieten sie Potential für kreative Schaffensprozesse. Oft werden sie dabei Ausdruck einer Gruppe, eines Lebensstils und eines Bekenntnisses. Sie reichen in den Bereich des Marketings und gehören zum politischen Image eines Landes, einer Region oder auch einer Religion.
Angesichts weltweiter Vereinheitlichung des Konsums, die man der Globalisierung anlastet, erleben Volkskulturen als Gegenentwurf und Zeichen des Unverwechselbaren eine Renaissance. In Form von Folklore bei gemeinsamen Tanz, Musik und Kulinarischem, bei freundlich-festlichem Beschnuppern lässen sie Erfahrungen über das jeweils Eigene wirksam werden.
Erst aus ihrer Selbstverständlichkeit herausgehoben, erhält Volkskultur eine neue, ausdrückliche, ‚moderne’ Bedeutung. Volkskultur wird damit zum Ausdrucksmittel des Eigenen. Momente des Beharrens auf dem Eigenen wie auch des Befremdens gegenüber dem Anderen sind nicht selten. Jedoch impliziert die Begegnung mit dem Fremden immer auch die Möglichkeit für Reflexion und Neupositionierung des Eigenen.
Debatten über Migration sind so immer auch Debatten über das Eigene. Diese Erfahrungen mit Migrationen verändern eigene und fremde Lebenswelten, wobei deren Trennschärfe auch verblassen kann. Wir bemerken, wie einst Fremdes alltäglich geworden ist, auch wenn mancherorts der Verzehr eines Döners noch als Sakrileg geahndet wird.
In der Sommerakademie geht es um Fragen des Eigenen im traditionellen Kanon der Volkskultur. Anhand von Tracht, Brauchtum, Kulinarik, Musik, Tanz, Architektur sollen Verbindungen aber auch Konflikterfahrungen und kreative Potentiale ausgelotet werden. In Vorträgen und Workshops stehen vor allem vermittelnde Möglichkeiten und Verbindungen zur Migration durch Volkskultur und sogenannte multikulturelle sowie kosmopolitische Gesellschaftskonzepte zur Diskussion.
Dazu laden wir alle Vertreterinnen von volkskulturellen Verbänden, im speziellen von Migrationsvereinen und Initiativen sowie Sozialeinrichtungeneinrichtungen ein. Musikerinnen, Sängerinnen und Tänzerinnen, Pädagoginnen, Studentinnen, Kulturwissenschaftlerinnen, Vertreterinnen aus Wirtschaft und Tourismus und alle an Volkskultur und deren Nutzen interessierte Personen, besonders mit Migrationshintergrund (und selbstverständlich ihre männlichen Pendants) sind herzlich willkommen.
Das Programm
Mittwoch, 28. August
Unverwechselbares?
16 – 18 Uhr
-) Migration, Ein- und Ausschlüsse, Vermittlungen. Konrad Köstlin, Vizepräsident Österreichisches Volksliedwerk
-) Nationale Volksmusiksammlungen in der k.u.k. Monarchie. Walter Deutsch, Ehrenpräsident Österreichisches Volksliedwerk
Im Anschluss Empfang mit Musik Stadt Gmunden
Donnerstag, 29. August
Eigenes und Fremdes
9 – 12 Uhr
-) Das Fremde im Eigenen. Historische und gegenwärtige Perspektiven auf Migrationsbewegungen. Regina Wonisch, Forschungszentrum für historische Minderheiten Wien
-) Vom inter- zum intrakulturellen: durch das Fremde zum Eigenen am Beispiel des Islams in Österreich. Amani Abuzahra, Dozentin für Philosophie und Interkulturelle Pädagogik
Ohne neue Sprache keine neue Heimat. Serafettin Yildiz, Schriftsteller, Lehrer und Schulberater für MigrantInnen, Stadtschulrat Wien
15 – 18 Uhr
-) Heimat Schachtel Museum. Ein interkulturelles und interinstitutionäres Jugendprojekt in Salzburg. Ulla Kammerhofer Aggermann, Salzburger Landesinstitut für Volkskunde
-) Goldhauben-Zlatare. Über eine Ausstellung, ausgezeichnet mit dem oberösterreichischen Volkskulturpreis 2012. Thekla Weissengruber, OÖ. Landesmuseum und Mladen Nenadic, Österreichisch-Kroatische Gesellschaft OÖ.
-) Die Rolle der Musik bei Flüchtlingen aus Afghanistan in Österreich. Forschung und Integrationskonzepte. Karla Zelder, Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung, Sozialpädagogin und Studentin am Mozarteum, Abteilung Musikpädagogik Innsbruck.
Freitag, 30. August
Begegnungen
9-12 Uhr
-) Ringa – ringa – jaja. Workshop zum Schulprojekt „Mit allen Sinnen“. Elisabeth Handl, Lehrerin, Sporthauptschule Scheibbs, Sängerin und Armina Mesic, Handelskauffrau, ehemalige Schülerin
-) Musik zwischen Orient und Okzident. Workshop mit Mansur Bildik, Musiker, Musikvermittler, SAZ-Verein Wien, Martin Diamant, SAZ Schüler und Physiker
-) Die Hochzeit türkischer MigrantInnen in St. Pölten. Bernhard Gamsjäger, Regionalforscher, Volkskultur Niederösterreich Betriebs GmbH.
15 – 17 Uhr
-) Kulturkontakt – Kulturkonflikt? Erfahrungen und Reflexionen aus 25 Jahren ethnomusikologischer Minderheitenforschung in Österreich. Ursula Hemetek, Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie, Universität für Musik und darstellende Kunst
-) Begrenzte Kulturen und kulturelles Kontinuum. Anmerkungen zu Regionalkultur und Interkulturalität am Beispiel einer Tanzform. Simon Wascher, Musiker und Volksmusikforscher
19.30 Uhr
Csárdás und Ländler. Musik und Tanz von den Alpenländern bis Transsilvanien mit der Hermann Fritz Banda und der Bécsi-Banda
Landhotel Grünberg am See
Samstag, 31. August
9 – 12 Uhr
Interkulturelle Vermittlung und Verständigung
-) Grenzziehungen und Grenzüberschreitungen in Volksmusikkulturen. Ulrich Morgenstern, Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie, Universität für Musik und darstellende Kunst
-) Vermittlungsprojekte und Vereinsarbeit im interkulturellen Dialog. Diskussion mit Mansur Bildik, Musiker, Musikvermittler, SAZ- Verein Wien; Jehona Ramadani, Integrationskoordinatorin, Sozialarbeiterin Land Salzburg, Österreichisch-Albanische Gesellschaft; Monika Primas, Volkskultur Steiermark; Mario Friedwagner, Freies Radio Salzkammergut (angefragt)
-) Resümee und Ausblick zur Sommerakademie, Abschlussdiskussion
Alle Programmpunkte sind öffentlich zugänglich, bieten im Anschluss Zeit für Diskussion und sofern nicht anders vermerkt, finden sie im Hotel Magerl in Gmunden statt.
Das Programm entstand in Zusammenarbeit mit der Wissenschaftlichen Kommission des Österreichischen Volksliedwerks